AIS
Automatic Identifcation System (AIS) oder zu Deutsch Automatischen Identifikationssystem ist aus technischer Sicht ein Funksystem des Digitalen Funkverkehrs. Daten werden hier im so genannten Zeitschlitzverfahren gesendet, was den Vorteil hat, dass zeitgleich gesendete Datenpakete nicht verloren gehen oder sich gegenseitig stören.
Obwohl es sich bei AIS um ein Funkverfahren handelt braucht man für die Nutzung reiner AIS-Geräte keine Funklizenz. Es sei denn, es ist - wie so oft - Bestandteil einer Seefunkanlage an Bord einer Seefunkstelle. Beim AIS werden Schiffs- und Navigationsdaten wie beispielsweise Kurs, Geschwindigkeit, Zielhafen und vieles mehr angegeben. Art und Umfang der Daten hängt von der Klasse der AIS-Geräte und der Ausrüstungspflicht auf Schiffen ab.
Unterschieden wird bei AIS-Geräten zwischen den Klassen A, B und C wobei die Klassen A und B nicht nur AIS-Signale empfangen und darstellen sondern auch die eigene Position melden/senden können.
In meinem Buch (Stand 2018) ist zu lesen, dass AIS auf Charterbooten noch keine große Verbreitung gefunden hat. Dies muss ich nach meinem heutigen Wissensstand (2025) relativieren. Inzwischen haben viele (meist größere) Charteryachten hinsichtlich Bordfunk und Navigation nachgerüstet und verfügen über AIS-taugliche Funkgeräte (hier gilt das UBI oder SRC als Mindestanforderung), Plotter und nicht selten Radar.
AIS soll die Sicherheit und die Lenkung des Schiffsverkehrs verbessern. Was es auch tut. Leider bietet AIS somit aber auch Piraten die Möglichkeit Daten zu empfangen und somit einen besonders geeigneten Ort auf der Route eines Schiffes auszutüfteln um dieses zu überfallen. In solchen Gebieten wird nicht selten AIS temporär ausgeschaltet und bzgl. einer möglichen Kollissionsverhätung mehr Gebrauch vom Radar gemacht. Obwohl die SOLAS (International Convention for the Safety of Live at Sea) Kriegsschiffe ausdrücklich von der Ausrüstungspflicht mit AIS-Transceivern befreit hat, verfügen diese in der Regel über AIS und können das Senden im Krisenfall ja abschalten.
Radar und AIS dienen beide der Sicherheit auf See und werden daher gerne mal in einen Topf geworfen, sind jedoch zwei völlig unterschiedliche Verfahren.
AIS ist in der Lage Schiffspositionen auf einer elektronischen Seekarte (ECDIS) darzustellen, die über Radar zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfasst werden können. Dies hat etwas mit der jeweiligen Arbeitsweise und der Antennenposition zu tun. Denn AIS ist je nach Klasse ein reiner Empfänger (Receiver) oder Sender (Transmitter) oder ein Sende-Empfänger (Transceiver) eines Funksignals. Entsprechend profitiert AIS von der Antennenhöhe. Je höher die Antenne, umso größer die Funk-Reichweite (Quasioptisches Ausbreitungs- und Empfangsprinzip).
Nur für Interessierte: Der Funkhorizont ist ca. 15% größer als der sichtbare Horizont.
Im Vergleich hierzu ist eine zu hoch angebrachte Radarantenne für die Genauigkeit leider oft ein Nachteil, da die Radarkeule, bei einer zu hoch angebrachten Radarantenne aufgrund der Schiffsschwankung ein tendenziell unzuverlässiges Ergebnis liefert bzw. eine nicht unerhebliche Latenz aufweist. Außerdem liefert AIS klare und aussagefähige Daten die nicht interpretiert werden müssen.
Für die Sportschifffahrt wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, wenn unsere kleinen Sportboote mit einem AIS-System mind. Klasse B ausgerüstet wären, denn so wären Sie speziell für die großen Schiffe früher "sichtbar". Speziell bei Nacht oder starkem Seegang ist es für die Berufsschifffahrt besonders schwer Kleinfahrzeuge visuell oder mittels Radar so frühzeitig und eindeutig zu identifizieren, dass sie noch regelkonform - nach KVR - handeln können.
Aber nicht nur für die Berufsschifffahrt bietet AIS einen unschätzbaren Mehrwert. Auch wir Sportschiffer verfügen bei Nutzung von AIS über eine Menge brauchbarer Daten wie beispielsweise die MMSI (Maritime Mobile Service Identity), das Rufzeichen, Geschwindigkeit ... und hilft uns unkompliziert mit Schiffen Kontakt aufzunehmen.
Speziell in stark befahrenen Seeschifffahrtsstraßen wie dem Ärmelkanal, bei schlechter Sicht oder bei Nacht nehmen wir mit AIS Schiffe sehr viel früher wahr und können uns auf eine Situation besser vorbereiten. So kann ein AIS eine Schnellfähre, die mit bis zu 40 kn unterwegs ist, rechtzeitig abbilden und uns die erforderlichen Maßnahmen einleiten lassen. Besonders in Gebieten mit vielen Inseln (Griechenland, Schweden ...) wissen wir von der Existenz eines Schiffes in unserer Nähe und der drohenden Möglichkeit einer Kollission mit AIS schon lange bevor ein solches Schiff in Sicht kommt.
Im Zweifel haben wir die MMSI und das Rufzeichen eines auf dem AIS abgebildeten Schiffes abrufbar und können mit diesem auf dem Not- und Anrufkanal Kontakt aufnehmen um etwaige Manöver abzustimmen.
Was bedeutet das für die Funkpraxis:
Es gibt AIS-Systeme die in ein Funkgerät einer Seefunkstelle integriert sind oder Systeme die die AIS-Daten auf dem Plotter darstellen.
Verfügt niemand an Bord über das revierspezifische Funkzeugnis müssen Funkgeräte i.d.R. vorübergehend ausgebaut werden. In diesem Fall verzichten Sie nicht nur auf die Möglichkeit Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen, sondern auch darauf, im Fall der Fälle einen Notruf senden zu können. Das ist aus meiner Sicht die unglücklichste aller Lösungen.
Verfügt Ihr Schiff über ein plottergestütztes AIS haben Sie immerhin die Möglichkeit potentielle Gefahren zu erkennen und zu reagieren.
Alternativ aber unwirtschaftlich ist die Möglichkeit, die manche Marinas anbieten, nämlich ein temporär gültiges Urlaubs-Funklizenz zu erwerben. Hierbei ist das Wort "erwerben" durchaus als Kauf zu verstehen. Denn Wissen oder Verständnis in Sachen Funk erwerben Sie bei solchen Kursen nicht. Außerdem sind solche Kurse meist relativ teuer und die "Lizenz" gilt nur für das eine Jahr in dem sie erworben wurde. Dennoch ist dies - dort wo es angeboten wird - immerhin eine Option mit Funk unterwegs zu sein und im Notfall einen Notruf absetzen zu können. Und NOT KENNT KEIN GEBOT!