Nautische Patente

Nautische Patente

Wer ein Motor- oder Segelboot fahren möchte kann dies teilweise auch ohne einen Sportbootführerschein.

Nach der Reformierung bzw. Neustrukturierung der Führerscheinklassen ist das Gesetzeswerk, dass die Sache eigentlich vereinfachen sollte, jedoch komplizierter geworden. Ich gehe daher bewusst nicht mehr auf die Altregelungen ein. Wer hier auf Informationen stößt und meint, er habe das anders in Erinnerung kann durchaus Recht haben. 

Daher unternehme ich den Versuch an dieser Stelle etwas Licht in die Sache zu bringen.

Zunächst einmal unterscheiden wir zwischen:

  • amtlichen Sportbootführerscheine und
  • amtlich annerkannten Sportbootführerscheinen

Bis hierher ist es noch einfach. 

Der Sportbootführerschein Binnen (SBF Binnen) und der Sportbootführerschein See (SBF See) sind amtliche Sportbootführerscheine der Bundesrepublik Deutschland. 

Alle anderen Scheine sind amtlich annerkannte Sportbotführerscheine. Hierzu gehört auch das Bodenseeschifferpatent A und D die in Deutschland, Österreich und der Schweiz erworben werden können. Hierzu später mehr.

Dann unterscheiden wir zwischen:

  • Motorbootscheinen und
  • Segelscheinen

und damit fängt es auch schon an undurchsichtig zu werden. Aber fangen wir damit an, ob und wo man auf einen Schein verzichten kann.

  • Bei Motorbooten wird dies durch die Motorleistung (gemessen an der Welle) definiert.
  • Bei Segelbooten ist zunächst einmal, bis auf einige Ausnahmen, gar kein Schein erforderlich. Es sei denn, die Segelfläche überschreitet ein Mindestmaß oder das Segelboot hat zusätzlich einen Motor mit einer Leistung, für die ein Motorbootschein erforderlich ist.

So weit so gut. Wenn Sie also bei Motorbooten auf Nummer sicher gehen wollen, legen Sie sich einem Motor mit max. 5 PS zu. Damit dürfen Sie tatsächlich überall, wo die Schifffahrt erlaubt ist, ohne Sportbootführerschein Motorboot fahren.

Bis an die Grenze des Erlaubten: 

  • Wenn Sie auf dem Rhein fahren, gilt weiterhin ab einer Motorleistung > 5,0 PS eine Führerscheinpflicht (Sportbootführerschein Binnen = SBF Binnen).
  • Wenn Sie auf dem Bodensee unterweg sind, darf der Motor bis max. 6 PS haben. Danach benötigen Sie das Bodensee-Schifferpatent A. Für Inhaber des Sportbootführerschein Binnen kann beim zuständigen Landratsamt ein Gastpatent beantragt werden.)
  • Im Binnenbereich (außer Bodensee und Rhein) gilt die 15 PS Leistungsgrenze. Bleiben Sie darunter, brauchen Sie keinen Sportbootführerschein SBF Binnen. Ist die Leistung stärker, benötigen Sie den zum Revier passenden Motorbootführerschein.
  • Fahren Sie mit einem Motorboot mit 15 PS Motorleistung z.B. auf dem Neckar ist das legal. Überschreiten Sie allerdings in Mannheim die Gewässergrenze mit diesem 15 PS-Motorboot und fahren ein Stück auf dem Rhein, ist das ungesetzlich, denn dort benötigen Sie ja ab einer Motorleistung ab 5 PS den Sportbootführerschein Binnen.
  • Nun kommt noch die max. Schiffslänge zum Tragen. Mit Ausnahme des Rheins dürfen Sie überall Schiffe mit einer Gesamtlänge von bis zu 20 m (LÜA) fahren. Auf dem Rhein ist diese Grenze 15 m LÜA. Für Schiffe zwischen 15 - 20 m Länge benötigen Sie das Sportschifferzeugnis.
  • In Küstennähe oder auf See innerhalb der 3 Meilenzone dürfen Sie Motorboote bis 15 PS Leistung fahren
  • Auf See, außerhalb der 3 bzw. 12 Meilenzone bzw. der AWZ, gibt es keine Stelle, die Sie kontrollieren können/dürfen. Aber wie wollen Sie dort hin kommen? 

Sind Sie noch bei mir? Oder habe ich Sie bereits verloren?
Wenn Sie also wirklich sicher gehen wollen besuchen Sie eine Sportbootschule, besuchen den Unterricht und legen die Prüfung ab. Dann dürfen Sie im Binnenbereich Motorboote mit "offener Leistung" bis max.20 m LÜA (auf dem Rhein max. 15m LÜA) als Schiffsführer fahren.
Das Thema Sportschifferzeugnis klammere ich hier bewusst aus.

Nun kommen wir zu den Segelbooten:
Sofern diese rein unter Segeln fahren benötigen Sie hierfür weder im Binnen- noch im Seebereich einen Sportbootführerschein. Das ist aus meiner Sicht nicht plausibel, da Segeln komplexer ist als Motorbootfahren,aber es ist so. Besitzt ein Segelboot (bitte die revierabhängigen Maximallänge berücksichtigen) einen Hilfsmotor < 5 PS bleibt es dabei. Über 5 bzw. am Bodensee 6 PS gelten dann wieder die Bestimmungen für Motorboote auch wenn es sich um ein Segelboot mit Hilfsmotor handelt.

Zusammenfassung:
Für Motorboote im Binnenbereich benötigen Sie den Sportbootführerschein Motor/Binnen.
Für Segelboote im Binnenbereich benötigen Sie ab einer bestimmten Segelfläche den Sportbootführerschein Segeln/Binnen. Die Größe der Segelfläche ist länder- oder revierspezifisch und liegt z.B. bei 3 min Berlin oder über 12 m2 am Bodensee. Sie merken, wer sich so durchschummeln möchte muss sich ganz genau erkundigen. Speziell am Bodensee, Berlin, Brandenburg ... werden regelmäßige Kontrollen der Wasserschutzpolizei durchgeführt. Das zu erwartende Bußgeld investieren Sie besser in eine solide Ausbildung.

Für Motorboote im Bereich See gilt, dass Sie bis 15 PS keinen Sportbootführerschein See benötigen. Darüber hinaus schon.
Einen Sportbootführerschein See für Segeln gibt es gar nicht.

Die Altersgrenzen bzw. das Mindestalter für Anwärter von Sportbootführerscheinen entnehmen Sie bitte nachstehender Tabelle.


Für die weiterführenden Patente wie Sportküstenschifferschein (SKS), Sport-See-Schifferschein  (SSS) oder Sport-Hochsee-Schifferschein (SHS) gelten folgende Anmerkungen.

Alle drei Patente sind See-Patente

  • Sie müssen im Besitz des amtlichen Sportbootführerschein See sein und Ihre Erfahrung als Schiffs- oder Wachführer nachweisen können.
  • für SKS sind das 300 sm nach bestandenem SBF See
  • für  SSS gesamt 1000 Seemeilen davon mind. 700 sm nach bestandenem SKS
  • für SHS gesamt  2000 Seemeilen
  • Die Patente müssen nacheinander erworben werden. Sie können sich also nicht einfach zum SHS-Schein anmelden, wenn Sie nicht in Besitz des SSS-Scheins sind.

Alle drei zuletzt genannten Patente können als:

  • Motorbootpatent
  • Segelpatent
  • Segel- und Motorpatent 

erworben werden. 

Die Scheine setzen eine ausführliche theoretische und praktische Prüfung voraus, denen meist ein Ausbildungstörn vorausging.
Die Reihenfolge, in der Sie die Prüfung ablegen (erst Theorie und dann Praxis oder umgekehrt) ist egal. Es empfiehlt sich jedoch erst die Theorie zu machen. Dann haben Sie es in der Praxis etwas leichter.


Und wenn Sie nun glauben, das war's "schon" sollten Sie sich die weiteren Sachkundenachweise ansehen.
Nicht überall ist der Einsatz von Funkgeräten vorgeschrieben. Es gibt aber Situationen (Hochwasser-Warnstufen) im Binnenbereich, in denen man nur noch mit Funk fahren darf. Oder beim Chartern von Yachten sind Funkgeräte im Schiff verbaut, was voraussetzt, dass mind. eine Person an Bord den richtigen Funkschein hat.

  • Für den Binnenbereich ist das der UBI (UKW Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk)
  • Für den Bereich See mindestens das Short Range Certificate (SRC) oder auch "Beschränkt Gültiges Funkbetriebszeugnis für den Seefunk" 
  • oder das Long Range Certificate (LRC) oder auch "Allgemeines Funkbetriebszeugnis für den Seefunk"

Und dann war da noch der Fachkundenachweis für Seenotsignalmittel (FKN) gemäß § 1 Absatz 3 1 Sprengstoffverordnung.
Er berechtigt den Inhaber, pyrotechnische Seenotsignalmittel der Unterklasse T2 (z.B .COMET Fallschirmrakete, rot SOLAS)  zu kaufen, damit umzugehen und sie zu befördern. Auch dieser Nachweis wird beim Chartern von Schiffen in der Regel gefordert.


Ob und wenn ja wie man die eine oder andere Forderung als Charterkunde "umgehen" kann lesen Sie in meinem Buch.