Deutschland 2017
26.08.- 01.09.2017 | Westliche Ostsee - Dänische Südsee
Blomquist-Törn
Mann über Bord...
Reisedaten: 26.08.2017 - 01.09.2017
Die geografischen Daten von Norddeutschland - kurzum die "Kulturtabelle" nach Machart meiner Auslands-Segelberichte schenke ich mir an dieser Stelle.
Nachdem wir 2016 in Kroatien wieder wenig Wind, dafür aber ein zu kleines Schiff und den ganzen Tamtam mit Ein- und Ausklarieren hatten, haben wir uns für 2017 vorgenommen ein anderes Revier zu besegeln. Unsere Wahl fiel auf die gute, alte Ostsee und ich kann vorwegnehmen, dass wir diese Entscheidung, auch wenn es für Deutschland schon fast Saisonende ist und viele Yachten schon am Haken hängen um das Winterlager aufzusuchen eine gute Entscheidung war.
Wir haben während unserer Segelwoche in Summe 172 sm zurückgelegt und davon 115 sm ausschließlich unter Segel. Von den 57 sm unter Maschine war sicher noch mal die Hälfte bei der wir den Motor nur zur Unterstützung in Anspruch nahmen. Aber das Beste war ganz eindeutig, dass wir tagsüber mit einer Ausnahme Sonnencreme-Wetter hatten. Aber ihr werdet ja noch sehen.
Unser Schiff:
Segelyacht: Hanse 320
Vercharterer: ecosail (2017 waren die noch okay)
2017 war, bzgl. Terminfindung und Terminplanung der Mitreisenden angeht, ein Geduldspiel. Jedoch eines das sich lohnte.
Karsten und ich segeln ja bereits seit vielen Jahren zusammen und kommen, was die Manöver anbelangt, schon fast ohne Worte aus.
Frank war 2016 in Kroatien mit dabei und Mario (ein "Kind" des Nordens) musste sich als Ersttäter seine Lorbeeren verdienen weswegen ihm auch die zweifelhafte Ehre des Kassenwartes übertragen wurden. Über Ecosail war das Chartern besonders angenehm und einfach, da wir hier das Schiff unverbindlich eine Woche für uns reservieren konnten um - nach getroffener Vorauswahl - diese mit der Crew noch mal zu besprechen. Wie wir alle wissen, gibt es an Bord keine Demokratie, das gilt jedoch "leider" noch nicht für die Planungsphase.
Nicht nur das Buchungsportal selbst war intuitiv sondern auch der komplette übrige Prozess, was die Anzahlung, Buchungsbestätigung, Bereitstellung von technischen Unterlagen (Manual Funke, Plotter online als PDF ...) angeht. Wir erhielten eine genaue Anfahrtsbeschreibung mit Parkhinweisen fürs Be- und Entladen sowie die Dauer unseres Törns.
Die Hanse 320 ist nach heutigen Maßstäben zwar eine kleine Yacht, dennoch entschieden wir uns mit unserer kleinen Crew für das 10 m Schiff, das mit seiner Selbstwendefock wenig Arbeit während der Manöver versprach und auch hielt.
Außerdem waren Karsten und ich ja 2015 auf einer Hanse 400 rund Irland gesegelt und hatten zur Hanse Werft und dem Vermieter entsprechend Vertrauen.
Auch 2017 erfolgte die Anreise mit dem eigenen PKW wobei Frank aus Hamburg kommend eine kurze Anreise nach Flensburg hatte. Freundlicherweise erklärte er sich dazu bereit den Einkauf zu erledigen, was er - nach Erhalt der Einkaufsliste - vermutlich bereute, uns dies jedoch "maximal 3x/Tag" wissen lies.
Die Anreise erfolgte am Freitag den 25.08.2017. Die Spätanreise am Vortag ist eine Option, die der Vercharterer für manche Boote anbietet. Wir starteten also so, dass wir spät abends in Flensburg eintrafen und die Blomquist schon Freitag Abend beziehen konnten.
Somit konnten wir den offiziellen Teil der Schiffsübernahme mit dem Vercharterer am Samstag früh erledigen und direkt starten.
Diese Schiffsübergabe hatten wir im Online-Buchungsportal für 08:30 vereinbart was auch perfekt funktionierte. Wie in meinem Buch (Yachtcharter - Käpt'n auf Zeit) auf Seite 114 beschrieben, birgt dieses Verhalten jedoch das Risiko, dass die Yacht als "übernommen" oder "abgenommen" gilt und eventuelle Mängel vom Vercharterer nicht mehr zeitnah behoben werden. Ich würde daher ein solches Angebot immer mit Vorsicht angehen und auch nur in Ländern, in denen ich die Landessprache gut bis sehr gut beherrsche.
Bei der Blomquist gab es keine Mängel. Wir hätten uns zwar zwei zusätzliche Fender gewünscht, da wir vier Fender + Kugelfender etwas knapp empfanden, aber das war "Jammern" auf höchstem Niveau. Als Skipper und Funker durfte ich mir einmal mehr den Hut aufsetzen, dafür zeichnete Karsten - wie jedes Jahr - für die Navigation verantwortlich.
Frank hatte ein Auge auf Mario und umgekehrt, was - wie wir in Laboe mit Schrecken feststellen mussten - auch nötig wurde, denn beim Anlegen in Laboe rutschte Frank ab und fiel ins Hafenbecken. Glücklicherweise hat er sich bei dieser Aktion "nur" Prellungen zugezogen und konnte feststellen, dass eine Automatikweste, die ausgelöst hat, spürbar an Tragekomfort einbüßt. Eine weitere Erkenntnis war, dass sein i-Phone nicht wasserdicht ist.
Törn:
Samstag 26.08.2017 (1 Seetag)
Die Marina Flensburg/Sonwik befindet sich auf ɸ 54° 49' 38'' N ʎ 009° 27' 13'' E.
Von hier starten wir um 11:00 unsere Reise.
Mit 1010 hPa finden wir ein moderates Tiefdruckgebiet vor.
Die Wettervorhersage prognostiziert mittlere Bewölkung, gegen Abend zunehmend und schwachen Wind der Stärke 1 - 2. So viel zum Thema windsicheres Gebiet.
Den nautischen Dreiklang (07:00 Wecken, 08:00 Frühstück und 09:00 auslaufen) gab es bei uns noch nie und wird es, vermutlich auf unseren Freizeittörns, nur geben, wenn Tidenbedinungen das erforderlich werden lassen, wozu in der Ostsee kein Anlass besteht.
Zwar haben wir mit 1,84 m Tiefgang Revier-Einschränkungen in der Dänischen Südsee hinzunehmen, aber diese Einschränkungen sind wasserstandsunabhängig.
Die ersten 10 sm motoren wir bis wir bei 2 - 3 Bft. um 13:45 auf einem MgK von 130° Groß und Fock setzen.
Unser Tagesziel heißt Sønderborg und liegt gerade mal 26 sm von Flensburg entfernt.
Nach 6 1/2 Stunden finden wir dort problemlos einen Liegeplatz, was während der Saison sicher um 17:30 problematisch wäre.
Es sollte sich auf dieser Reise noch so einspielen, dass die meisten Anlegemanöver Stefan fuhr, der seine Fähigkeiten in dieser Disziplin optimieren wollte und den Ansporn hatte römisch-katholisch anzulegen, was, der Hanse sei Dank, aufgrund der guten Manövrierfähigkeit und dem guten Platzangebot in allen angelaufenen Marinas auch gut klappte. Kein Vergleich zu dem "Eimer", den Karsten im Vorjahr zu bändigen hatte.
Sønderborg ist ein idyllisches Plätzchen, dessen Marina für uns Freizeitkapitäne kostenlos nutzbare Grillplätze bereit hielt. Unglücklicherweise wussten wir das nicht und hatten kein Grillgut an Bord.
Angeblich sind die Dänen ja das glücklichste Volk der Erde.
Das mag u.a. auch daran liegen, dass die Ladenöffnungszeiten auch in überwiegend touristisch besuchten Gebieten keine Ausnahmen machen. Nach unserem Anlegerbier (Tradition muss schließlich sein) war es für Samstag Abend viel zu spät um noch irgendwo Steaks oder Würste einkaufen zu können, weswegen wir beschlossen ein Restaurant aufzusuchen was ebenfalls scheiterte, weil wir auf der Suche nach einem Supermarkt und allgemein mit den Vorbereitungen uns landfein zu machen zu viel Zeit vertrödelt hatten.
Das einzige offene Restaurant teilte uns bei unserem Eintreffen gegen 19:40 mit, dass die Küche bereits geschlossen habe und das Restaurant um 20:00 schließt.
Gott bzw. Frank sei Dank hatten wir ja ausreichend Proviant an Bord und verpflegten uns selbst an Bord.
Den stimmungsvollen Abendhimmel verbrachten wir - trotz Ende Oktober - in dünnen Jacken im Cockpit und wurden mit einem tollen Sonnenuntergang belohnt.
Und für's Protokoll, Mario fing sich an diesem außergewöhnlich schönen Sonnentag einen amtlichen Sonnenbrand auf seiner Denkerstirn ein. Da dies sein erster Tag auf See bei seinem allerersten Törn war, kommentierte er dies gegen Abend mit den Worten "Lektion verstanden."
Unsere abendliche Position:
ɸ 54° 53' 51'' N ʎ 009° 47' 55'' E
Sonntag 27.08.2017 (2 Seetag) - ɸ 54° 53' 51'' N ʎ 009° 47' 55'' E
Nachdem wir nachts weder abgelegt haben noch vertrieben wurden, war unsere morgendliche Position mit der abendlichen identisch. Hoch leben die Seemannschaft und Knotenkunde.
unser heutiges Tagesziel war Damp, das mit 27 sm Entfernung eine ähnliche "Herausforderung" war wie die gestrige Strecke.
Die Wettervorhersage versprach uns konstante Winde NW 3 - 4 Bft bei 1010 hPa Luftdruck was sich als korrekt erweisen sollte und dem Umstand geschuldet war, dass Karsten und ich dem dänischen Wetterdienst mehr Vertrauen schenken als dem DWD (sorry liebe Meteorologen des DWD, aber das sind Erfahrungen und keine Vorurteile). Leider war die Vorhersage mit vorübergehenden jedoch zunehmenden Schauerböen ebenfalls zutreffend.
Bei 3 - 4 Bft. (da hört man in Kroatien bereits die ersten Gale-Warnings) ok Spaß beiseite, aber das hatten wir bei unserem letzten Törn in Kroatien selten) setzten wir kurz nach dem Auslaufen - genau um 10:32 Groß und Fock und waren unter dieser Besegelung bis 15:43 unterwegs um gegen 16:03 in Damp festzumachen.
Unser Etmal betrug an diesem Tag 26 sm von denen wir 0,9 sm unter Maschine zurück legten und somit einen perfekten Segeltag hatten.
So durchwachsen das Wetter an diesem Tag war, so war dann auch das Ergebnis in einer Pizzeria in Damp. Stefan stellte die gewagte These auf, dass die Pizza dort phänomenal bis gigantisch gut sein müsse und begründete dies damit, dass der Laden bei dem unfreundlichen Personal - inklusive oder allen voran der Chef - sonst längst pleite sein müsste.
Leider war diese Theorie ein Ansatz, der nicht verifiziert werden konnte. Das Überleben dieses Ladens ist wahrscheinlich dem touristischen Umfeld von Damp und der Lage der Pizzeria geschuldet. Beides sorgt - vermutlich - Jahr für Jahr für ausreichend Besucher. Zu allem Überfluss (und das kann man dem Inhaber nun nicht anlasten) wurde Frank auch noch von oben mit den Hinterlassenschaften einer Möwe beglückt, die uns vermutlich nur ihre Meinung zu unserer Restaurantwahl kundtun wollte.
Dieses kleine Malheur sollte jedoch auf dieser Reise nicht das letzte außergewöhnliche Ereignis für Frank sein.
Den Namen des Restaurants haben wir verdrängt und würden diesen - in der Hoffnung, dass ggf. ein Pächterwechsel hier mal was zum Guten verändert - hier auch nicht nennen.
Unsere Position über Nacht: ɸ 54° 34' 58'' N ʎ 010° 01' 37'' E
Montag 28.08.2017 (3 Seetag) - ɸ 54° 34' 58'' N ʎ 010° 01' 37'' E
Heute geht's nach Laboe und am Abend stelle ich mir die Frage, warum alle Mensch-über-Bord-Manöver eigentlich ausschließlich auf See gefahren/geübt werden.
Während meiner Segelausbildung habe ich natürlich die Standard-Rettungsmanöver kennen gelernt, geübt und verinnerlicht. Auf den meisten Törns üben wir diese auch. Im Laufe meiner Praxis auf dem Weg zum SSS-Schein habe ich darüber hinaus auch noch weitere Manöver kennen gelernt und ausprobiert. Was mir jedoch völlig fehlte, war ein Manöver um ein Crewmitglied, das beim Anlegemanöver über Bord geht, wieder an Bord oder Land bringt.
Doch erst einmal zum Wetter für diesen dritten Seetag an dem wir mit 17 sm eine der kürzeren Tagesetappen zurücklegen sollten. Wind wurde mit 2 Bft., Welle mit 0,1 - 0,2 m angegeben. Die Bewölkung war mäßig und die Tagestemperaturen sollte sich bei abnehmender Bewölkung von 14°C bis auf 20° C steigern.
Um 10:00 Uhr (man höre uns staune) legten wir ab (ok, 10:07 um ganz genau zu sein) und hatten Wind der vorhergesagten Stärke aus Südwest. Um 10:31 wurden die Segel gesetzt. Die Windstärke nahm nun auf angenehme 3 Bft. zu. Der Luftdruck betrug 1018 hPa und war im Tagesverlauf konstant.
Bei derart angenehmen Wetterbedingungen hatten auch zwei Schweinswale Laune uns ein Stück des Weges zu begleiten. Es sollten auf diesem Törn nicht die einzigen Schweinswale sein die unsere Gesellschaft suchten.
Bei abnehmendem Wind bargen wir um 15:30 das Groß und unterstützen die Motorfahrt (bitte Motorkegel nach KVR 25 e setzen) mit Unterstützung der Fock fort.
Man sagt ja, beim Ski fahren wäre die Verletzungsgefahr am dritten Tag am größten, was daran liegt, dass man sich nicht mehr so unsicher auf den Brettern fühlt und etwas wagemutiger wird. Gleiches konnten oder mussten wir gegen Ende unseres dritten Seetages erleben.
Wie man auf unseren Bildern unschwer erkennen kann, sind wir in Sachen Sicherheit geradezu vorbildlich indem wir nicht nur bei den Hafenmanövern unsere Rettungswesten tragen, sondern auch tagsüber während des Törns. Man kann dazu stehen wie man will, wir sind damit gut gefahren und halten uns auch künftig daran.
Frank machte an diesen Tag gleich mehrere Erfahrungen auf die er gerne verzichtet hätte, denn:
- Ist die Ostsee auch zu Saisonende und nach einem relativ warmen Sommer und Sommertag saukalt
- Nimmt die Gefahr unbeabsichtigt über Bord zu gehen exorbitant zu, wenn man sich außerhalb der Reling befindet um im geeigneten Moment auf den Steg überzusteigen
- Gelingt der geplante Überstieg in aller Regel nicht, wenn man vorher abrutscht
- Nimmt der Tragekomfort einer Automatik-Weste ebenso schlagartig ab, wie sich diese bei Wasserkontakt aufbläst
- Wissen wir nun alle WIE schnell sich eine gewartete Automatik-Weste aufbläst
- Was die Wartung einer Weste (nach Auslösen) kostet
- Das ein i-Phone nicht seewasserfest ist
Aber auch Stefan, der die Blomquist gerade rückwärts in einen Fingersteg einparken wollte hätte gerne auf diese Prämiere des Mensch-über-Bord-Manöver verzichtet. Glück im Unglück war, dass Frank nicht auf den Steg knallte und sich "nur" Prellungen zuzog.
Obwohl die Situation im Hafenbecken neu war, muss ich dennoch feststellen, dass das Gelernte und immer wieder Geübte Verhalten (Motor aus, Heck weg von der Person...) verinnerlicht war und Frank schnell und sicher geborgen werden konnte ohne das das Anlegemanöver zum Desaster wurde.
Dennoch, das hatten wir jetzt einmal, das brauchen wir nicht wieder.
Für uns Retter war das Verhalten von Frank recht interessant, denn obwohl sofortige Hilfe vor Ort war, war die Situation für Frank so ungewohnt/ungeübt, dass wir ihn aus der beklemmenden Rettungsweste "befreien" mussten. Nach einer warmen Dusche in der Marina und einem guten Essen in einem Fischrestaurant kehrten dann die Lebensgeister vollständig zurück und Frank konnte auf unsere "charmanten" Kommentare wie "living Fender" mit der nötigen Gelassenheit reagieren.
Es bewahrheitet sich doch immer wieder, dass der, der den Schaden hat für den Spott nicht zu sorgen braucht.
Unsere Position am Abend: ɸ 54° 24' 08'' N ʎ 010° 12' 57'' E belegte einmal mehr, dass unsere Revierauswahl und Routenplanung gut war, denn, obwohl wir ein Schiff für bis zu 5 Personen gechartert hatten, hatten wir die 5te Rettungsweste, die wir nun als Ersatzweste benötigten, in Flensburg gelassen.
Da erwies es sich als günstige Fügung, dass Karstens Schwager (Holger) in Kiel wohnt und ebenfalls Segler ist. Er brachte uns eine Ersatz-Rettungsweste.
Danke Holger!
Dienstag 29.08.2017 (4 Seetag)
Es geht wieder nach Dänemark. Bagenkop um genau zu sein. Unsere abendliche Position wird ɸ 54° 45' 08'' N ʎ 010° 40' 02'' E sein.
Die Wettervorhersagemodelle wie GRIB und Windfinder sind sich bzgl. der vorherrschenden Windrichtung S einig, bei der Windstärke sagte GRIB 2 - 3 Bft. und der Windfinder 3 -4 Bft. voraus.
Wir "entscheiden" uns für das "Angebot" von Windfinder und werden im Tagesverlauf bei konstantem Luftdruck und abendlichem (warmen) Regen zwischen 16° und 24°C (wir sprechen von Oktober!!) mit Windstärken zwischen 1 und 3 Bft. bedient.
Nun ja, "fürchte das Schlimmste und hoffe das Beste" gilt wohl für alle unklaren Prognosen, nicht nur beim Segeln.
Da der Regen erst für die Abendstunden vorhergesagt wird schaffen wir es diesmal tatsächlich um 09:48 abzulegen. Nun ja, das dauert bei Jungs eben seine Zeit bis wir morgens das Näschen gepudert haben und alle noch mal Pieschern waren.
Die erste Stunde nutzen wir bei 1 Bft. die Unterwassergenua und setzen bei Windzunahme um 10:26 die Segel. Bis 18:30 nehmen Wind und Bewölkung zu, der Luftdruck bleibt aber mit 1017 hPa konstant. Wir werden also einen warmen Hochdruckschauer bekommen. Das Schöne in dänischen Sportboothäfen ist ja, dass man dort den Marina Guide Sejlerens erhält (kostenlos). Den haben wir uns natürlich schon in Sønderborg besorgt und wissen nun genau, wo ein günstiger Liegeplatz (Duschen, WC, Hafenmeister und Kneipe) zu finden ist.
Und - das Glück ist ein Rindvieh und sucht Seinesgleichen - wir bekommen auch einen günstig gelegenen nachsaisonalen Liegeplatz. Über die Gebühren in DK bzw. der Ostsee habe ich ja schon früher berichtet. Kein Vergleich zu Kroatien. Fast schon preiswert. Auch heute legt Stefan als Skipper an, womit er sich das "Privileg" verdient hat seine Crew im Bistro/Restaurant zu bedienen. Wir entscheiden uns für ein gepflegtes amerikanisches Gedeck.
Als Skipper muss ich noch mal über die Aufgabenverteilung an Bord und an Land nachdenken. Irgendwie überkommt mich das Gefühl, dass hier etwas suboptimal läuft. Vielleicht sollte ich mal anfangen Törnberichte anderer Crews zu lesen.
Die Tagesetappe war heute knapp 30 sm von denen wir 27 unter Segel zurück legten.
Im Logbuch notiere ich insgesamt 98,8 sm für den gesamten Reiseverlauf und wir haben erst Dienstag. Wir können also mehr als zufrieden sein.
Mittwoch 30.08.2017 (5 Seetag)
Morgens ɸ 54° 45' 08'' N ʎ 010° 40' 02'' E
Abends ɸ 54° 40' 23'' N ʎ 010° 01' 59'' E (Nothafen Schleimünde)
Der schlechteste Segeltag des ganzen Törns.
Wind frühmorgens 0 Bft. "abnehmend".
Die Wettervorhersage - und diesmal waren sich GRIB und Windfinder einig - sah Regen, diesige Sicht und Wind aus NO mit 1 Bft. voraus. Kurzum, bei allem Respekt (und das ist eine Formulierung, der immer - aber auch wirklich immer eine Respektlosigkeit folgt) Schietwedder.
Aber so ein bisschen Wasser und dann auch noch von oben konnte Frank nun gar nicht mehr erschüttern.Eigentlich hätte das heute eine ganz entspannte Motorfahrt werden können. Nun, kritisch wurde es bei den 0 Bft. zu keinem Zeitpunkt, dennoch wurde uns allerlei Abwechslung geboten. Das fing ganz beschaulich mit der Sichtung mehrerer Schweinswale an, ging über die Beobachtung, dass eine Segelyacht in ein militärisches Übungsgebiet fuhr in dem gerade vom dänischen Militär Übungen mit unbemannten Drohnen stattfanden, sowie dem daraus resultieren Funkverkehr.
Außerdem wurde um 15:15 auf UKW Kanal 16 im Rahmen einer Securitè-Meldung auf eine weitere Militärübung der deutschen Streitkräfte hingewiesen und darum gebeten (nette Formulierung wenn man so drüber nachdenkt) den Leuchtturm Kiel mit mind. 2 sm Abstand zu passieren.
Wir hatten schon irgendwie das Gefühl gerade mitten in einem Kriegsgebiet unterwegs zu sein. Aber damit nicht genug; ab 14:00 wurde per NAVTEX regelmäßig vor Gewitter und Gewitterböen mit bis zu 10 Bft. gewarnt. Irgendwie wären uns durchgängig 5 Bft. lieber gewesen. Aufgrund des ohnehin nassen Wetters und der angekündigten Gewitterböen entschieden wir uns dazu den Nothafen Schleimünde anzusteuern. Bei der morgendlichen Planung hätten wir nie damit gerechnet, dass der obligatorische Ausweichhafen (Plan B nach guter Seemannschaft) heute zum Tragen käme.
Egal, bzgl. Schleimünde und der Giftbude gab es ohnehin schon recht erlebnisreiche und anschauliche Berichte von Karsten. Diese galt es nun zu verifizieren.
Um 14:35 passierten wir die Ansteuerungstonne Schleimünde und machten kurze Zeit später fest.
Unser Etmal: 23,3 sm unter Maschine (5,5 h) bringt uns in Summe auf eine bisherige Törnstrecke von 122 sm.
Da Schleimünde zwar sicher und nett ist, aber eigentlich nur Plan B war, änderte sich auch unser Ziel für Donnerstag und sollte mit 37 sm einer der längeren Schläge werden. Nach Langballigau sollte es gehen um am Freitag mit knapp 13 sm eine kurze Strecke nach Flensburg vor uns zu haben.
Besonders hervorzuheben ist aber noch der Brötchendienst des Hafenmeisters. Wir bestellten am Vorabend 8 Brötchen die ab 09:00 da waren. Selbstredend mussten wir zwangsläufig den nautischen Dreiklang auf den Brötchenliefertermin anpassen.
Donnerstag 31.08.2017 (6 Seetag) | ɸ 54° 40' 23'' N ʎ 010° 01' 59'' E Schleimünde
Das Wetter vom Vortag zeigte Wirkung. Waren wir bislang mit mehr oder weniger nicht vorhandenen Wellen (Höhen von ca. 20 cm) auf der Ostsee unterwegs, wurden für diesen Tag Wellen von 0,75 m bei nordöstlichem Wind der Stärke 3 und Regen vorhergesagt. So langsam aber sicher fragten wir uns an Bord, warum eigentlich immer nur die guten Wettervorhersagen so unzuverlässig sind, denn diese Prognose trat ohne wenn und aber ein. Nun ja, Frank hatte sich eigens für diesen Törn gute Segelkleidung gekauft und Mario hatte sich meine Zweitgarnitur geborgt. Beide lernten nun die Vorzüge zweckmäßiger Segelbekleidung kennen.
Trotz Brötchen zum Frühstück legten wir um 09:56 ab. Immerhin noch vor 10:00.
Die Sonne war zu dieser Zeit nicht zu sehen, denn die Bewölkung lag bei 8/8. Das ausgeprägte Tief mit einem Druck von 1005 hPa (tagsüber konstant) bescherte uns das Wetter, das man von einem Tief erwartet. Schlechte Sicht und Regen.
Gegen 10:15 frischte der Wind von 3 auf 4 Bft. auf und wir setzten Groß und Fock. Da die Wettervorhersage keinen stärkeren Wind vorhersagte und die Hanse auch mit stärkeren Windstärken gut zurecht kommt, haben wir auf ein Reff verzichtet.
Auf überwiegend Amwindkursen bewies sich an diesem Tag Mario als Segelneuling am Ruder. Natürlich hatten wir auch einen Autopiloten an Bord, wollten jedoch selbst steuern. Mario lernte sehr schnell und hielt den Kurs (wie die Aufzeichnung unseres Plotts zeigte) sehr gut. Ganz nebenbei knackte er den bisherigen Törn-Geschwindigkeitsrekord mit 6,7 kn und blieb damit nur 0,8 kn unter der theoretischen Rumpfgeschwindigkeit.
Um 15:24 hatten wir LT Kalkgrund querab, den wir schon aus dem Grund fotografieren mussten, weil uns dieser LT seit SBF See in den Navigationsaufgaben begleitet.
So sieht er also aus. Tatsächlich hatten wir inzwischen 5 Bft. Wind aus Nord und die Sonne bahnte sich doch noch erfolgreich ihren Weg durch die Wolkendecke. Nachdem wir Kalkgrund mit einem Halbwind- bis Raumschotkurs (MgK 263° bei Wind aus N) passiert hatten, luvten wir auf MgK 315° an.
Gegen 18:54 drehte der Wind zurück auf NW und flaute auf 3 Bft. ab. Da wir bis Langballigau nur noch 0,5 sm zu fahren hatten, bargen wir Fock und Groß und legten um 19:13 römisch-katholisch in Langballigau an. Hier waren die Liegeplätze tatsächlich doch knapp bzw. gab es spezielle Gastliegeplätze.
Da der Hafenmeister auch mal Feierabend machen muss und das um 19:00 Uhr auch tat und wir auch dort, wo wir alternativ die Landstromversorgung hätten sicherstellen können, niemanden antrafen, der sich berufen fühlte, verzichteten wir auf Landstrom. Schließlich waren wir am Vortag über 5,5 Stunden unter Maschine gelaufen.
Im Imbiss L4 konnten wir sehr schmackhaft und preiswert essen und auch die Portionen waren dort nicht zu übersichtlich. Ich nutzte nach der Mahlzeit die Gunst der Stunde um seinen täglichen Skipperpflichten nachzukommen indem ich mich um die Logbücher (ja 2) kümmerte. Zugunsten lesbarer Aufzeichnungen haben wir es uns angewöhnt, alle erforderlichen Notizen während des Törns in einen Notizblock zu notieren und diese dann in Ruhe in Reinschrift ins Logbuch zu übertragen.
Nun ist es leider so, dass der Vercharterer Ecosail jeder Crew ein hauseigenes Logbuch übergibt, dass nach Reiseende beim Vercharterer verbleibt. Ich selbst dokumentiere alle Törns in einem eigenen, privaten Logbuch. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Eintragungen doppelt vorzunehmen. Und schon wieder übermannt mich der Eindruck, dass ich hier irgend etwas falsch machen könnte.
Nachdem die Eintragungen lesbar in zweifacher Ausfertigung niedergeschrieben waren, war 21:00 Uhr verstrichen und im L4 setze man zum Kehraus an.
Kein Bier mehr in der Kneipe, nicht einmal ein kleines. Kein Lütt und Lütt. Nichts, nada, niente. Bei allem Respekt ... (Ihr wisst schon Bescheid).
Unsere abendliche Position:
ɸ 54° 49' 20'' N ʎ 009° 39' 14'' E
Etmal: 37,5 sm, davon 35,8 sm unter Segel (so soll's sein)
Bisher zurückgelegte Strecke: 160 sm
Freitag 01.09.2017 (7.Seetag)
Wie immer, geht auch dieser Törn einmal zu Ende. Von Langballigau (ɸ 54° 49' 20'' N ʎ 009° 39' 14'' E ) nach Flensburg/Sonwik (ɸ 54° 49' 38'' N ʎ 009° 27' 13'' E) sind es knappe 13 sm. Die Wetterprognose verspricht uns westliche Winde (1 - 2 Bft.) und überwiegend Sonnenschein.
Wir starten auch ohne Brötchendienst um 09:56 und fahren nach Sicht bis Flensburg wo wir gegen 13:00 Uhr festmachen.
Auf der Flensburger Förde herrscht reges Treiben, was nicht zuletzt auch dem Ausbildungsort des DHH in Glücksburg, sowie der allgemeinen Dichte an Segelschulen geschuldet ist.
Wir passieren die "schicksaalträchtigen" Ochseninseln, die sich als besonders gutes Peilobjekt zur Radarseitenpeilung bei der Prüfung zum SSS eignen.
Obwohl wir theoretisch mehr als genug Zeit haben, sehen wir zu, dass wir das "DHH-Gebiet", das ich aufgrund eigener Ausbildertätigkeit auf Folkebooten gut kenne, zügig passieren, denn Freitags sind Prüfungstage. Wir möchten den Nahbereich während einer Prüfung meiden und erst recht den Strom an Booten (meist Hanseatische Kielyachten oder Folkeboote) mit denen nach den Prüfungen nach Dänemark gesegelt wird um Hot Dog und Softeis zu essen.
Wir halten uns also frei von jeglichem Schiffsverkehr der nach Prüfung aussieht, was unschwer an der Vielzahl wiederkehrender Wenden, Halsen und Boje-über-Bord-Manövern erkennbar ist und versuchen in Flensburg zu tanken.
Obwohl nur zwei Yachten vor uns in der Warteschlange sind, warten wir dennoch fast 45 Minuten bis wir an der Reihe sind. Inzwischen hat sich die Zahl der Wartenden auf geschätzte 10 - 12 Yachten erhöht. "Puh - noch mal Glück gehabt".
Am Ende unseres Törns haben wir 172 sm zurück gelegt, wobei es nicht wirklich auf die Seemeilen an sich ankam, denn niemand brauchte für einen weiterführenden Schein einen entsprechenden Meilennachweis. Das Verhältnis 115:57 sm (Segeln/Motoren) war es, das uns im Rückblick in unserer Revierauswahl bestätigte.
Kroatien und hier ganz besonders die istrische Küste ist sehenswert und reizvoll. Aber auch, speziell bei den Liegegebühren, sehr teuer. Außerdem habe ich persönlich in diesem Revier meist nur extreme Wetterverhältnisse (Flaute, Bora oder Schirokko) erlebt. Auf Flaute habe ich keine Lust und Starkwind ist etwas, was ich nicht unbedingt mit zwei Neulingen machen möchte.
Kurzum - 2018 soll es wieder an die Ostsee gehen.