Prozesse

Prozesse

Recherchieren wir zu dem Begriff Prozess im Zusammenhang mit einem QMS finden wir u.a. folgende Definition:

Prozesse sind die bewussten und nachhaltigen Optimierungen von Unternehmensabläufen, um die Effizienz und den Erfolg zu steigern.

 

Und genau das ist es ja, was wir mit einem Qualitätsmanagementsystem (QMS) erreichen möchten. Die Effizienz der Abläufe im Unternehmen steigern.

Aber wie gelingt uns das? 

Erinnern Sie sich mal an Ihren beruflichen Einstieg ins Arbeitsleben. Egal ob dieser in Form einer Lehre, eines Studiums oder einer sonstigen Tätigkeit ohne Zugangsvoraussetzungen als Quereinsteiger erfolgte. In mehr als 99% der Fälle gab es da jemanden, der die Arbeit schon länger macht und Ihnen erklärt:

  • was Sie
  • wann 
  • wie und
  • in welcher Reihenfolgen tun
  • und wie Sie bei unterschiedlichen Optionen/Wegen verfahren 

Nicht immer erschließen sich diese Schritte einem automatisch. Gelegentlich erscheinen die Schritte sogar unsinnig und dann bekommt man in aller Regel den Spruch "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" zu hören.

Prozesse sind also vereinfacht ausgedrückt "Anleitungen" für einen genau definierten Fall/Vorgang.  
Bevor wir uns mit der Erstellung von Prozessen befassen lassen Sie uns das einmal an einem Beispiel verdeutlichen.

Angenommen, eine Person betritt Ihren Laden, legt ihnen ein defektes Elektrogerät auf den Tisch und reklamiert, dass dieses Geät erst 3 Monate alt sei und nun nicht mehr funktioniert.

Natürlich können Sie sich sofort an die Fehleranalyse machen, das Gerät prüfen, ausschließen, dass ein Bedienfehler vorliegt und, und, und...
Würden Sie - mit Ihrer Berufserfahrung - so vorgehen oder würden Sie ggf. zuerst einmal prüfen, ob das Gerät überhaupt bei Ihnen gekauft wurde und der Kunde Ihr Kunde ist? Sie merken schon worauf es hinaus läuft.

Ein Prozess hat immer einen Start- und einen Endpunkt und zeigt Ihnen eine Verlauf mit verschiedenen Abzweigungen (Entscheidungsmöglichkeiten die aus Prüf- oder Messergebnisse sein können) auf. Bei einem Computerprogramm würde man solche Entscheidungen ggf. "Wenn - Dann -Sonst"-Funktion nennen. Und genau das ist es, was einen Prozess im Sinne eines QMS ausmacht.

  • Sie definieren einen Start: z.B. Reklamation
  • Sie definieren einen Prüfschritt, der Sie zu einer Entscheidung zwingt: z.B. ist die Reklamation berechtigt (es kann ja auch sein, dass das Fehlen einer Funktion reklamiert wird, die das Gerät gar nicht hat, also keine zugesicherte Eigenschaft ist.)
  • In Abhängigkeit dieser Entscheidung gelangen Sie zum nächsten Schritt, der wieder eine Prüfung/Entscheidung von Ihnen verlangt. Das Ergebnis kann Sie im weiteren Verlauf voranbringen oder aber an einen anderen Schritt "zurückwerfen". 

Ein stark vereinfachter Prozess für eine Reklamation könnte also sein:

  • Prüfen ob die Reklamation begründet ist. Hierzu würde sich der Weg aufteilen in
  • Wurde das Gerät bei uns gekauft?
  • Wenn ja, geht es weiter zur sachlichen Prüfung
  • Wenn nein, würden Sie prüfen, ob dennoch eine Verpflichtung besteht sich mit dem Vorgang auseinander zu setzen (z.B. bei KfZ mit Europagarantie o.ä.)
  • Besteht eine Verpflichtung, ginge es in die weitere Prüfung was bereits ein anderer Prozess sein kann
  • Besteht keine Verpflichtung, könnten Sie den Kunden darüber informieren, dass er den Kundendienst dort hat, wo er das Gerät gekauft hat/Kunde ist. Natürlich kann es sein, dass der Kunde dort nicht mehr hin kann (z.B. wegen Geschäftsaufgabe, fehlendem Vertrauen, Kauf im Ausland etc.) dann würden Sie sicher prüfen, ob Sie sich der Sache annehmen möchten, fachlich in der Lage sind und auch die Zeit dafür haben. Schließlich möchten Sie nicht Ihre eignen Kunden warten lassen, nur um für einen Kunden, der sich ursprünglich für einen anderen Anbieter entschieden hat und Sie ggf. als Lückenbüßer missbrauchen möchte, tätig zu werden.
  • Entscheiden Sie sich dafür, dem Kunden zu helfen sind Sie gut beraten im Vorfeld über Kosten zu reden. Nicht selten werden bestimmte Dienst- oder Serviceleistungen als kostenlos zu erbingende Kundendienstleistung vorausgesetzt obwohl der Kunde nicht Ihr Kunde ist und daher keinen Anspruch auf Kundendienst hat! Bedenken Sie solches Konfliktpotential wenn Sie Prozesse erstellen bevor es ggf. für alle Beteiligten ein böses Erwachen gibt.

Sie sehen schon, die Überlegungen können immer Vielschichtiger werden und man muss nun auch nicht jede Eventualität in einen Prozess integrieren sondern kann einen planmäßigen "Notausstieg" vorsehen der da "Rückfrage beim Chef" heißen könnte. Bedenken Sie bei der Beschreibung von Prozessen immer, dass Ihre Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen sind diese ohnehin verinnerlicht haben. Neue Mitarbeiter bekommen mit solchen Prozessen einen Leitfaden, der ihnen Sicherheit gibt. 

Ganz nebenbei zwingt Sie die Erstellung eines Prozesses aber dazu, sich der Abläufe und Abhängigkeiten unterschiedlichster Arbeistschritte in Ihrem Unternehmen vor Augen zu führen und beinhaltet die Chance, Unternehmensabläufe zu optimieren. Und genau das ist es, was wir Beginn dieses Kapitels als Prozess definiert haben.


Jedes Unternehmen hat seine eigenen Prozesse, weswegen es hier keinen Sinn macht einen oder mehrere Prozesse aufzudröseln. Wichtig ist, dass Sie sich intern über Ihre täglichen Abläufe (meist Arbeitsalltag) Gedanken machen und die entsprechenden Schritte in Form eines definierten Prozesses festhalten. Ob Sie dies in Form eines Diagramms machen wobei Sie  sich dann an genormte Symbole wie beispielsweise Entscheidungsraute o.ä. halten sollten, oder eine Beschreibung im Fließtext erstellen ist einzig und allein Ihre Sache. 
Wichtig bei der Erstellung von Prozessen sind folgende Punkte:

  1. Beschreiben Sie den Prozess wie er ist.
    Erstellen Sie also keine Phantasie-Prozesse weil Sie ggf. denken, dass die ISO 9001 von Ihnen komplizierte Konstrukte erwartet. Nein, gehen Sie ggf. zu den Mitarbeitern die täglich in diesem Bereich arbeiten, lassen Sie sich deren Arbeit erklären und bitten Sie sie um Mitwirkung. Das führt nicht nur zu einem realistischen Abbild der tatsächlichen Arbeit/des Prozesses sondern nimmt die jeweiligen Personen mit ins Boot. Sie vermeiden so die Feststellung, dass hier "wieder einmal jemand der vom Tagesgeschehen keine Ahung hat völlig realitätsfremd was aufgeschrieben/festgelegt hat."
  2. Geben Sie dem Prozess eine Revisionsnummer
  3. Geben Sie dem Prozess ein Gültigkeitsdatum
  4. Falls erforderlich geben Sie dem Prozess einen Verantwortlichen für dessen Freigabe
  5. Vermerken Sie den Prozess in der "Liste der Dikumente und Aufzeichnungen" mit jeweils aktuellen Revisonsnummer und dem Datum des Inkrafttretens. 
  6. Sofern es einen Vorgängerprozess gibt, lenken Sie diesen indem Sie ihn gem. Ihrer Vorgaben zum Lenken von Dokumenten und Aufzeichnungen als "ungültig" kennzeichnen und verschieben Sie das ungültig gewordene Dokument in den dafür vorgesehenen "Archiv-Ordner".
  7. Den aktuellen, gültigen Prozess speichern Sie im Idealfall als schreibgeschütztes PDF in dem azugehörigen Verzeichnis. Ob Sie dieses Verzeichnis intern nochmals untergliedern (z.B. "Prozesse", "Vorbeugemaßnahmen", "Korrekturmaßnahmen", "Gesetzliche Bestimmungen"  ....) bleibt völlig Ihnen überlassen. 
Meine Empfehlung: Schaffen Sie sich innerhalb Ihrer Verzeichnis-Struktur für jedes Normkapitel eine identische oder zumindest ähnliche Unterverzeichnis-Struktur. 
Integrieren Sie keine Prozesse im QMH sondern verweisen Sie im QMH auf den dann namentlich genannten Prozess. Sie vermeiden so, dass Sie bei der Änderung eines Prozesses dann das komplette QMH anpassen müssen.